Stellungnahme zur Aussage des Gesundheitsministers Karl Lauterbach

Nach einer ihm nun vorliegenden Studie bewertet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Schließung von Kitas rückblickend als nicht nötig. Die Erkenntnis kommt für Initiative Familien wenig überraschend. „Wir Eltern von Initiative Familien haben uns seit Beginn der Pandemie wissenschafts- und datenbasiert für Kinder, Jugendliche und Familien stark gemacht und unter anderem offene Kitas gefordert. Die Datenlage, die Herr Lauterbach in seiner neuen Studie vorstellt, existiert bereits seit Herbst 2020“, kritisiert Sina Denecke, Vorstandsmitglied der Initiative Familien. Andere Länder wie die Schweiz, Frankreich oder Dänemark hatten die Erkenntnisse bereits im zweiten Lockdown umgesetzt und Kitas nicht mehr geschlossen. Für die Länge der Schließungen von Bildungseinrichtungen wurde die damalige Familienministerin Lambrecht  von der Menschenrechtskommissarin des Europarats gerügt. 

Situation von Familien spitzt sich zu: Familien können sich Betreuung und Essen nicht mehr leisten 

Zudem verschärft sich die Situation für Familien aktuell noch einmal dramatisch durch die Inflation, die Energiekrise und den Fachkräftemangel in Kitas, der zu reduzierten Betreuungszeiten führt. Jedes fünfte Kind ist von Armut bedroht. Es gibt bereits Eltern, die ihre Kinder aus der Kita abmelden, weil sie die Beiträge nicht mehr zahlen können. Eine öffentliche Debatte um Einschränkungen der Qualität des Essens in Schulen und KiTas ist nach Ansicht von Initiative Familien indiskutabel. Jetzt gilt es, finanzielle Mittel dafür bereit zu stellen. „Deutschland hat Millionen Euro für Schnelltests in Kitas ausgegeben. Aber ein gutes, warmes Mittagessen für Kinder – dafür reicht das Geld dann nicht“, stellt Heike Riedmann fassungslos fest. „Dabei ist für einige Kinder die Mahlzeit in der Kita unverzichtbar.“ 

„Aus familienpolitischer Sicht ist es fünf vor 12“, warnt Denecke. Initiative Familien fordert daher die Bundesregierung auf, Kinder, Jugendliche und Familien in den Fokus zu nehmen und sofortige Maßnahmen zur Entlastung und Verbesserung der Situation umzusetzen. Kinder brauchen jetzt Ressourcen, um entstandene Schäden auszugleichen, aktuellen Problemen vorzubeugen und Perspektiven zu entwickeln.

Familien brauchen kurzfristig finanzielle Entlastung und langfristig das Angehen struktureller Probleme 

Die Probleme in den Familien sind vielfältig, tiefgreifend und struktureller Natur. Gesamtgesellschaftliche Probleme werden dadurch mehr und mehr ins Private verlagert. Eltern sind bereits während der Kita- und Schulschließungen an und über die Grenzen ihrer Belastbarkeit gekommen. Kinder haben enorm unter den fehlenden sozialen Kontakten gelitten, mit langfristigen negativen Folgen: Anstieg psychischer Krankheiten und Übergewicht bei Kindern, Zunahme von Gewalt in Familien, Entwicklungsverzögerungen bei Kindern, um nur ein paar zu nennen. Basierend auf Studien (Copsy-Studie u.a.) und Stellungnahmen der pädiatrischen Fachgesellschaften hat Initiative Familien immer wieder auf die negativen Auswirkungen der Maßnahmen für Kinder hingewiesen, beispielsweise im offenen Brief „Nicht ob, sondern wie – Kinder in der Pandemie nicht weiter zurücklassen“ an die damalige Bundeskanzlerin Merkel aus dem Januar 2021 oder „Bildungsgarantie und Normalität für Kinder und Jugendliche – Jetzt!„, verfasst mit renommierten Expert*innen wie Prof. Dr. Klaus Stöhr und unterstützt durch 7.000 Unterschriften. 

Initiative Familie fordert konkret:

  • Schaffung einer besseren Datenlage für gesundheitspolitische Entscheidungen 
  • Finanzielle Entlastung von Familien und Bekämpfung der Kinderarmut, u.a. durch die Kostenübernahme der Kita-Beiträge für Familien mit weniger Ressourcen, um das Recht auf (frühkindliche) Bildung und damit Chancengerechtigkeit sicherzustellen sowie den Kindern das soziale Umfeld in der Kita und den Eltern ein Berufsleben zu ermöglichen 
  • Kostenfreie Vollverpflegung in Kitas und Schulen nach DGE-Standard
  • Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen
  • Mehr Mittel und Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarmut 
  • Flächendeckende Umsetzung der Kinderrechte nach der UN-Kinderrechtskonvention
  • Vollumfängliche Normalität für Kinder und Jugendliche