Wir fordern einen Kindervorbehalt, um die Interessen und Bedarfe von Kindern und Jugendlichen bei allen politischen Entscheidungen und Gesetzesvorhaben vorrangig zu berücksichtigen.
Was ist der Kindervorbehalt?
Wir verstehen den Kindervorbehalt als eine politische Selbstverpflichtung der Bundes- und der Landesregierungen, alle Vorhaben dahingehend zu prüfen, welche Auswirkungen sie auf Kinder und Jugendliche haben. Ist dies der Fall, sollen die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen vorrangig berücksichtigt werden. Grundlage dafür bildet die UN-Kinderrechtskonvention, die 1990 von Deutschland als eines der ersten Länder ratifiziert wurde.
Warum braucht es einen Kindervorbehalt?
In den vergangenen Jahren, insbesondere durch die Einschränkungen während der Pandemie, haben sich strukturelle Probleme noch deutlich verschärft. Aufgrund der erneuten Krisensituation, wie dem Krieg in der Ukraine, der Energiekrise, der gestiegenen Inflation usw. lassen sich pandemiebedingte Defizite nicht kompensieren.
Aktuelle Studien zeigen einen Bildungsrückstand auf. Der Alltag von Kindern und Jugendlichen während der Pandemie war durch ständige Verlusterfahrungen geprägt. Notwendige soziale Entwicklungsaufgaben kamen zu kurz. Investitionen in Bildungseinrichtungen werden verschoben. Dem Bildungs- und Erziehungsbereich fehlt es an Fachkräften, um den wachsenden Anforderungen adäquat zu begegnen. Soziale Unterschiede verfestigen sich. Das Gesundheitssystem steht insbesondere bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen vor einem Kollaps. Und Eltern sind mit einem Anstieg der Lebenshaltungskosten konfrontiert, was die chancengerechte Teilhabe von Kindern erschwert.
Strukturelle Probleme werden nicht gesamtgesellschaftlich gelöst, sondern zunehmend ins Private verlagert, was zu einer Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen führt und langfristig einen volkswirtschaftlichen Schaden mit sich bringt.
Wie soll der Kindervorbehalt umgesetzt werden?
Ganz grob fordern wir als Initiative Familien Gremien auf Bundes- und Landesebene, die interdisziplinär besetzt sind. Diese Gremien sollen einen festen Bestandteil der Politikbetriebes bilden und politische Entscheidungen und Gesetzesvorhaben auf ihre Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche prüfen. Diese Ergebnisse sind dann bei politischen Entscheidungen und Gesetzesvorhaben verbindlich zu berücksichtigen.
Was könnten Kriterien für einen Kindervorbehalt sein?
Ähnlich wie beim bereits gut etablierten Jugendcheck, könnte hierfür ein strukturiertes Prüfverfahren entwickelt werden. Wichtig ist es, Lebensbereiche zu definieren, auf die sich die Entscheidung für Kinder und Jugendliche auswirken kann. Darüber hinaus sollten zusätzliche Kriterien definiert werden, die die Entscheidung/das Gesetz zu einem “kinderfreundlichen” Vorhaben machen.
Beispielfragen:
- Hat die Entscheidung/der Gesetzesentwurf Auswirkungen auf das Wohl, die Gesundheit, die Entwicklung oder die gleichberechtigte Teilhabe von Kindern und Jugendlichen?
- Werden Kinder und Jugendliche jeglicher Herkunft mit und ohne Einschränkungen dadurch gleichermaßen berücksichtigt?
- Ist die Entwicklungsperspektive der Kinder und Jugendlichen damit ausreichend berücksichtigt?
- Ist durch das Vorhaben eine demokratische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gesichert?
- Hat die Entscheidung Auswirkungen auf die Vereinbarkeit von Familien?
- Hat diese Entscheidung Auswirkung auf die finanzielle Situation der Kinder und Familien und werden dabei die besondere Schutzbedürftigkeit der Kinder berücksichtigt?
Was ist der Unterschied zum Jugendcheck?
Als Initiative Familien finden wir es wichtig, dass politische Vorhaben nicht nur hinsichtlich der Auswirkungen auf Jugendliche geprüft werden, sondern die Belange von Kindern genauso berücksichtigt werden. Dafür fordern wir als Initiative Familien Gremien, die interdisziplinär mit Expert:innen unterschiedlicher Fachrichtungen und Verbänden besetzt werden. Ziel ist es, ein strukturiertes, verpflichtendes Verfahren auf allen föderalen Ebenen zu installieren, um Vorhaben zu prüfen und Kinderrechte sicherzustellen.
Zur genauen Ausgestaltung möchten wir in den Dialog mit Verbänden und Fachgesellschaften gehen, um ein möglichst breites Konzept vorzuschlagen.