10. März 2022 – Am 16. März jähren sich die Corona-bedingten Schul- und Kitaschließungen in Niedersachsen zum zweiten Mal. Insbesondere für Familien sind die letzten zwei Jahre über alle Maßen Kräfte zehrend gewesen. Initiative Familien fordert in einem offenen Brief Normalität auch für Familien, wagt einen Rückblick und schmiedet bereits Pläne für die Zeit nach der Pandemie.

“Vielen Familien in Deutschland geht es schlecht nach zwei Jahren Pandemie”, fasst Sina Denecke von Initiative Familien die Lage zusammen. “Sie sind am Ende ihrer Kräfte und fühlen sich von der Politik im Stich gelassen.” Noch gibt es keine ganzheitliche Betrachtung der Situation. Die Daten, die bereits zur Verfügung stehen, weisen jedoch eine klare Tendenz auf:

  • Kinder und Jugendlichen leiden psychisch stark unter der Corona-Pandemie, fast jedes dritte Kind entwickelte psychische Auffälligkeiten.[1]
  • Zunahme häuslicher Gewalt um 20 Prozent nach einer Statistik des Weißen Rings[2]
  • Jede 4. Mutter ist am Ende ihrer Kräfte und kurbedürftig[3]
  • Anstieg von Kinderarmut[4]
  • Entstehung enormer Bildungsdefizite, durch die nach Einschätzung von Expert*innen lebenslange Nachteile zu erwarten sind[5]

Die Situation der Mütter, die Stützen der Gesellschaft, “die sozialen Blitzableiter der Nation”[6], ist dabei noch nicht einmal ansatzweise ausreichend betrachtet worden. Initiative Familien hat dies im Laufe der Pandemie selbst bemerkt. Sina Denecke erinnert sich: “Wann immer wir die Aufmerksamkeit auf unsere Situation, die Situation der Eltern und primär Mütter, richten wollten, war das erfolglos. Das Motto der Politik: Mama macht’s schon. Sonst wäre das Kartenhaus auch zusammengefallen. Doch um welchen Preis, zeigt sich erst so langsam.”

Auf eines war stets Verlass: Kinder und Familien zuletzt

Eines haben Kinder und ihre Eltern in den letzten zwei Jahren gelernt: Ihre Bedürfnisse kamen stets an letzter Stelle. Ob es die Einführung wirkungsvoller Schutzmaßnahmen an Bildungseinrichtungen zu Beginn der Pandemie war, das Bereitstellen schneller und unbürokratischer Hilfen oder nun die Abschaffung der Maßnahmen – in den politischen Gesprächsrunden spielte die Lebenswelt von Familien stets eine untergeordnete Rolle.

Stattdessen wird die öffentliche Diskussion rund um Kinder und Corona von Politiker*innen, Verbänden, aber auch Medien so emotional geführt, dass in Zusammenhang mit irreführenden Informationen die Risikowahrnehmung in der Gesellschaft in Bezug auf Kinder verzerrt, unnötige Ängste geschürt und die Diskussionskultur nachhaltig vergiftet wurde.

Die Eltern von Initiative Familien merken das bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit tagtäglich. Sina Denecke: “Wir haben eigens ein ‘Team Wissenschaft’ gegründet, das alle verfügbaren Studien und Daten analysiert. Wir basieren unsere Argumente fundiert auf Wissenschaft und Fakten. Die Debatte rund um Kinder ist jedoch so aufgeladen, dass man damit nicht unbedingt weiterkommt.” Die Eltern werden in den sozialen Medien regelmäßig gezielt für ihre Arbeit angegriffen.[7]

Familien brauchen jetzt Normalität, Unterstützung – und Solidarität

Initiative Familien sieht daher die Notwendigkeit einer politischen Kommunikation, die den Ängsten der Eltern und Kinder begegnet. Bei allem was wir mittlerweile wissen, kann es nicht mehr darum gehen, irrationale Ängste oder überhaupt Meinungen zu bedienen. Sondern es muss einzig und allein das getan werden, was für die Kinder das Beste ist. Dafür hat der Verein gemeinsam mit einer Vielzahl renommierter Expert*innen heute einen offenen Brief “Kinder in der Warteschleife – Ende offen” veröffentlicht. In dem kritisiert Initiative Familien, dass – während die tiefgreifenden Maßnahmen für Erwachsene zum 20. März fallen sollen – sich die Beschränkungen für Kinder immer noch an der S3-Leitlinie orientieren, die auf Studien aus dem Jahr 2020 basiert. Die Kernforderung des offenen Briefs: Kindern und Jugendlichen muss nach zwei Jahren Pandemie endlich der Weg zurück in einen normalen Alltag ermöglicht werden.

Neben Normalität müssen unbürokratisch und niedrigschwellig Hilfsangebote für Familien geschaffen werden. Verständnis ist gefragt, von Arbeitnehmern, Lehrkräften und allen anderen. Kreative Ideen sind gefragt, die mit Kindern, Jugendlichen und Familien gemeinsam erarbeitet werden sollten. Die unglaubliche Leistung, die Kinder und ihre Eltern in den letzten Jahren zum Wohle der Gesellschaft erbracht haben, muss endlich öffentlich anerkannt und gewürdigt werden. So solidarisch, wie Familien in den letzten zwei Jahren die Gesellschaft mit ihrem Verhalten geschützt haben, muss nun auch die Gesellschaft solidarisch sein und ihnen dabei helfen, wieder zu Kräften zu kommen.

Einsatz für Familien auch nach der Pandemie

Der Verein Initiative Familien wird sich auch nach der Pandemie ehrenamtlich dafür einsetzen, dass die Rechte und Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und Familien Gehör finden. Verbesserungsbedarf gibt es nach Ansicht der Eltern viel in Deutschland. Sie wollen sich auf die Themen Kinderrechte, Bildung, Gewaltschutz in Familien und moderne Familienpolitik konzentrieren.


[1] COPSY-Studie

[2] https://www.tagesschau.de/inland/pandemie-haeusliche-gewalt-101.html

[3] Erst haben die Mütter uns gerettet – jetzt sind viele am Ende

[4] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1202327/umfrage/covid-19-und-kinderarmut/

[5] Kinder- und Jugendmediziner kritisieren verlängerte Schulschließungenl

[6] Erst haben die Mütter uns gerettet – jetzt sind viele am Ende

[7] Welt-Artikel: “Wir wurden als ‚Nazis‘ oder Selbstverwirklichungs-Muttis bezeichnet“