Ein neuer Feiertag für Berlin und MeckPom

Dieses Jahr hat Mecklenburg-Vorpommern einen neuen Feiertag, der 8. März, der Weltfrauentag. Es folgt damit Berlin, das den Tag 2019 schon arbeitsfrei erklärt hat. Es profitieren, anders als von dem meist halben freien Tag in China, auch die Männer. 1911 erstmals in Dänemark begangen, erinnert der Tag an den Kampf von Frauen um Wahlrecht und Gleichberechtigung. Heute sollten wir auch an die Mädchen und Frauen denken, die bis heute heftig kämpfen müssen, etwa im Iran oder in Afghanistan, und ihnen zumindest unsere mediale Aufmerksamkeit schenken.

Vergleich Ost- und Westdeutschland

Der Sozialismus war man in mancher Hinsicht weiter. In der DDR wurde von Frauen seit 1946 volle Erwerbstätigkeit wurde als Normalfall erwartet und man hat mehr Frauen in „typische“ Männerberufe gebracht als je im Westen. Dort musste noch bis 1977 der Gemahl den Arbeitsvertrag der Ehefrau unterschreiben. Schattenseiten hatte beides: Während in der BRD die berufliche Entfaltung sehr begrenzt war, erlebten viele Frauen in der DDR schon damals den kräftezehrenden Spagat zwischen Beruf und Care-Arbeit. Für 1969 hat die Publizistin Anna Kaminsky eine Gesamtarbeitszeit von 93 Stunden für Beruf, Haushalt, Kinder und gesellschaftliches Engagement bei Frauen errechnet, gegenüber standen nur 59 Stunden bei Männern. 

Wo steht Deutschland?

Heute rangiert Deutschland in puncto Gleichberechtigung bei Untersuchungen meist im europäischen Mittelfeld. Es scheitert aber, trotz eines zunächst charmanten 10. Rangs beim WEF Global Gender Gap Report krachend in der Kategorie Lohnungleichheiten, Rang 97. Ebenfalls auffällig ist ein disproportionaler Anteil der unbezahlten häuslichen Arbeit und Fürsorge.


Familien finanziell schlechter gestellt

Aufgrund von Teil- oder Familienzeit haben Familien oft weniger in der Tasche als Kinderlose. Schnell wird es prekär, wenn diese Last nur auf den Schultern eines Erwachsenen ruht. In Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Schleswig-Holstein kommt zudem unvermeidlich bis zum letzten Kita-Jahr die Abbuchung der Betreuungsgebühren. Eine Ungerechtigkeit im Bundesländervergleich. Und so planlos, wie man in den Fachkräftemangel getaumelt ist, ist die Behauptung, man investiere statt in die Abschaffung von Gebühren lieber in Qualität, schwer zu glauben.

Bei Paaren ist es oft frau, die zurücksteckt. 66% der Mütter aber nur 7% der Väter arbeiten in Teilzeit. Damit Frauen nicht auch noch schlechter bezahlt werden, hat Dänemark Firmen auferlegt, geschlechterspezifische Lohnstatistiken zu veröffentlichen,und so den “Gender Pay Gap” um 13% gesenkt.

Frauen beruflich ausgebremst

Corona hat die Situation verschlechtert. Die Berliner Soziologin Jutta Almendinger hat es jüngst in der „Welt“ zusammengefasst: „In der Pandemie waren Frauen weniger erwerbstätig. Sie haben ihre Arbeitszeit reduziert, Jobs gewechselt oder sind eher ins Homeoffice gegangen. Sie haben länger als geplant Elternzeit genommen. Auch Frauen, die in großen, global ausgerichteten Unternehmen auf der Überholspur waren, seien in Teilzeit gegangen oder hätten ganz pausiert. Ausgebremst.“


Das dicke Ende kommt zum Schluss

Was bleibt am Ende? Die Rente. Die berechnet sich vor allem nach Einkommen und Beitragsjahren. Dass Menschen unentgeltlich Care-Arbeit und damit einen wertvollen Beitrag zum Funktionieren unserer Gesellschaft leisten, mag in Sonntagsreden gelobt werden. Aber eine deutliche finanzielle Anerkennung im Alter wäre teuer, da verstummen Sonntagsredner schnell.

Die Folge? Millionen Frauen werden zu wenig Rente beziehen – obwohl sie 40 Jahre lang gearbeitet haben (Quelle:  Bundesarbeitsministerium). Vielen von ihnen droht Altersarmut. Konkret werden mehr als 50% der Vollzeit-Arbeitnehmerinnen weniger als 1.200€ monatlich erhalten. Mit Blick auf die Inflation und die bereits bestehende hohe Altersarmut bei Frauen, werden diese Zahlen zurecht als katastrophal bezeichnet.

Gleiche Rechte – equal Care?

Seit 2016 gibt es in Deutschland einen neuen Gedenktag, der 29. Februar ist „Equal Care Day“. Dass er, wie der Schalttag, meist übergangen wird, soll die Situation der die Care-Arbeit-Leistenden spiegeln. Ein Tag, wie ein Spin-Off zum Weltfrauentag, die logische und notwendige Fortsetzung.

Einen Feiertag einzusetzen, ist ein politisches Bekenntnis, das von viel guten Absichten zeugt. Aber damit ist es nicht getan. Wir brauchen Diskussionen über Zeit und Geld, faire Bezahlung und Ehegatten-Splitting. Wir brauchen Betreuungsssicherheit, damit jede Frau frei entscheiden kann, wie ihre Zukunft aussehen soll. Wir brauchen positive Zukunftsvisionen.


Quellen:

https://www.weforum.org/reports/global-gender-gap-report-2022
https://www.ifo.de/DocDL/sd-2022-albrecht-rude-geschlechtergleichheit-deutschland.pdf
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/03/PD22_N012_12.html
https://www.welt.de/wissenschaft/article244062971/Warum-die-Pandemie-vor-allem-Frauen-geschadet-hat.html
https://www.vdk.de/bawue/pages/pflege-kampagne_2022/84895/demo_ohne_menschen)