Entgegen der Empfehlung vieler Fachleute beharrt der Hamburger Senat auf der strikten Maskenpflicht an Schulen. Dabei ist die Abschaffung der Maskenpflicht im Unterricht auch in den Hamburger Schulen längst überfällig, kritisiert Initiative Familien. Denn für die Schüler stellen die Masken eine enorme Belastung dar: Sie tragen im Unterricht stundenlang Maske – nur unterbrochen von kurzen Pausen auf dem Schulhof.

Die Maskenpflicht im Unterricht für alle Schüler:innen von der ersten Klasse bis zu den Abschlussjahrgängen besteht in Hamburg seit Rückkehr an die Schulen nach dem Lockdown im Frühjahr diesen Jahres. Damit geht Hamburg einen Sonderweg: Die meisten Bundesländer haben die Maskenpflicht aufgehoben oder zumindest zwischenzeitlich ausgesetzt. Derzeit gehört Hamburg zu den wenigen Bundesländern, in denen Schüler:innen aller Schulformen durchgehend Maske tragen müssen, wie eine Übersicht des RKI belegt. „Die Hamburger Kinder werden auf diese Weise extrem benachteiligt: Sie können mit Maske schlechter lernen, die Konzentration leidet und die soziale Interaktion ist eingeschränkt”, sagt Dr. Kathrin Thiesen von Initiative Familien Hamburg.

Dabei werden Hamburgs Schüler:innen mehrmals pro Woche getestet, die Lehrer:innen sind geimpft, es wird gelüftet und die Luftfilter sind mittlerweile in den Klassenräumen angekommen. Da ist Hamburg sogar weiter als viele andere Bundesländer, wo es weit seltener Luftfilter in den Klassenräumen gibt. Dennoch bleibt die Maskenpflicht bestehen. „Die Hamburger Kinder haben schlicht das Pech, in dem Bundesland zu leben, das die strengsten Maßnahmen für Kinder verhängt”, sagt Dr. Kathrin Thiesen. „So entstehen Bildungsdefizite oder werden verschärft. Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, haben es besonders schwer, in der Schule mitzuhalten. Die Chance, nach den langen Lockdown-Monaten aufzuholen, wird beschnitten.”

Kinder und Jugendliche haben genug gelitten

Auch viele Kinderärzt:innen raten vom durchgehenden Masketragen in Schulen ab. So verweist zum Beispiel Jakob Maske vom Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) in einem Interview mit dem Deutschlandfunk darauf, dass Kinder und Jugendliche genug gelitten hätten. „Sie haben anderthalb Jahre Dinge getan, die nicht für ihre Altersgruppe gut waren, sondern für die älteren Altersgruppen. Sie haben Rücksicht genommen und jetzt ist endlich wieder Zeit, normalen Unterricht zu machen, normal durch Mund und Nase atmen zu können, ohne dass hier eine Beschränkung durch die Maske da ist.” [1]

Andere Bundesländer haben gute Erfahrungen gemacht

Dabei muss der Verzicht auf Masken im Klassenraum nicht zu steigenden Infektionszahlen führen: In Hessen etwa wurde die generelle Maskenpflicht am 16.09.2021 abgeschafft. Die Stadt Frankfurt zieht in ihrem aktuellen Informationsblatt vom 25.10.2021 Bilanz: „Es ist grundsätzlich nach wie vor von einer sehr niedrigen Übertragungswahrscheinlichkeit in Schulen und Kitas auszugehen.” In dem Informationsschreiben wird zudem festgehalten, dass das Infektionsgeschehen seit Beginn des Schuljahres trotz der aufgehobenen Maskenpflicht am Sitzplatz weiter rückläufig ist.[2] „Der Senat muss erkennen, dass Schulen sichere Orte sind”, sagt Dr. Kathrin Thiesen von IF. „Wir fordern, dass der Hamburger Senat mit anderen Bundesländern gleichzieht und endlich einen Strategiewechsel vollzieht: Wir müssen weg von pauschalen, hin zu anlassbezogenen Maßnahmen.”

Kinder in der Pandemie psychisch unter Druck

Die Folgen sind schon heute deutlich zu erkennen: Eine von der Hamburger Sozialbehörde vorgelegte Studie, die die psychosoziale Situation von Hamburger Kindern und Jugendlichen im Pandemie-Alltag betrachtet, zeigt, dass nahezu zwei Drittel der befragten Hamburger Kinder und Jugendli­chen die Zeit während der Pandemie als belastend empfanden. [3] [4] Und die Belastungen dauern an, denn an den Schulen gibt es noch lange keine Normalität. Ganz anders sieht es da für die Erwachsenen in der Hansestadt aus, die vielfach kaum mehr Corona-bedingte Einschränkungen in ihrem Alltag hinnehmen müssen. „Die Kinder dieser Stadt müssen weit mehr Maske tragen als die Erwachsenen, ihr Alltag ist immer noch strikt reglementiert. Das finden wir unzumutbar und ungerecht, ” fasst Dr. Kathrin Thiesen es zusammen.

Unzuverlässige Schnelltests sorgen für Verunsicherung

Sorgen und Belastungen im Schulleben entstehen derzeit zusätzlich durch die hohe Quote falsch-positiver Ergebnisse bei den neu eingeführten Tests der Marke “Genrui” an den Schulen. Auf einen positiven Schnelltest muss ein PCR-Test folgen – es kann aber etwas dauern, bis das Ergebnis vorliegt. Die Kinder werden so lange vom Unterricht ausgeschlossen. “Wir schlagen vor, bei den Tests neue Wege zu gehen: Es wäre sinnvoller, Schüler nicht mehr anlasslos, sondern nur bei Symptomen oder vor gemeinsamen Unternehmungen wie Klassenfahrten zu testen.” Alternativ weist Initiative Familien auf die Möglichkeit der Umstellung auf wöchentliche PCR-Pool-Tests hin, so wie es mehrere Fachgesellschaften für Kindermedizin schon länger fordern.[5]

„Wir fordern den Hamburger Senat auf, Kinder und Jugendliche in allen Jahrgängen von der Maskenpflicht zu befreien und stellen uns damit hinter die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) und die eindringlichen Appelle des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte”, sagt Dr. Kathrin Thiesen.

Diese Fachgesellschaften sprechen sich für die Aufhebung der Maskenpflicht an Schulen aus:

[1] https://www.deutschlandfunk.de/coronaschutz-fuer-schueler-berufsverband-der kinderaerzte.694.de.html?dram:article_id=503828

[2] https://frankfurt.de/-/media/frankfurtde/service-und-rathaus/verwaltung/aemter-und-institutionen/gesundheitsamt/pdf/2019-ncov/informationsblatt-schule-und-kita.ashx?la=de-de&hash=84E4DF0C3A1CCB7F3CC1214B1E6B5E7FA76C77C5

[3] Psychosoziale Gesundheit von Hamburger Kinder und Jugendlichen im Corona-Frühsommer 2020

[4] https://www.arte.tv/de/videos/100300-020-A/re-kinderpsychiatrie-am-limit

[5] https://www.rnd.de/gesundheit/corona-massentests-an-schulen-laut-aerztevertreter-nicht-mehr-notwendig-27RNHDPQ4GMIXTUNQST4YD3CEU.html

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